Das perfekte Branding: Optik versus Geschmack?

Es ist wahrscheinlich eines der populärsten Motive, wenn es ums Thema Grillen geht: Ein Steak oder Burgerpatty mit perfektem Rautenmuster, welches der Rost auf die Oberfläche gebrannt hat. Bei Steak-Wettbewerben wird um dieses Branding eine regelrechte Wissenschaft betrieben. Tatsächlich lohnt es sich, mal genauer unter die Lupe zu nehmen, was eigentlich passiert, wenn hohe Hitze auf die Oberfläche eines Stücks Fleisch trifft. – Von Markus Mizgalski

Maillard-Reaktionen
In vielen Grillbüchern liest man davon, dass beim Grillen von Fleisch eine Maillard-Reaktion stattfindet und die Oberfläche karamellisiert. Das ist zwar im Grundsatz nicht falsch, aber einigermaßen unpräzise. Denn bei diesen nach Louis Camille Maillard benannten Prozessen handelt es sich um eine hochkomplexe Abfolge von chemischen Reaktionen, die bei ungefähr 140° C beginnen und schließlich zu einer nicht enzymatischen Bräunung führen. Die Basis für Maillard-Reaktionen sind Amine wie zum Beispiel Proteine. Und hier liegt auch der Unterschied zum Karamellisieren, wobei Kohlenhydrate die Grundlage des Vorgangs bilden. Je nach Lebensmittel können beide Prozesse parallel ablaufen, sofern eben Zucker und Eiweiße gleichzeitig vorkommen. Weder Maillard noch Karamellisieren sind übrigens auf Fleisch beschränkt. Auch bei Pommes, Kaffeebohnen, Toast oder Zwiebeln sorgt die entsprechende Chemie für eine andere Textur sowie für ganz neue Geschmackserlebnisse. Unter anderem bedingen die Röststoffe das berühmte Umami, den herzhaften Geschmack.

Maillard und Grillmuster
Nun ist ziemlich offensichtlich, dass ein Grillmuster entsteht, wenn bestimmte Bereiche intensiver erhitzt werden als andere. Dadurch werden sie entsprechend dunkler. Bei Steak-Contests sind die Branding-Streifen meist nahezu schwarz, was sehr fortgeschrittenen Maillard-Reaktionen entspricht. Das bedeutet im Klartext, dass sich das Lebensmittel an diesen Stellen sehr dem Punkt der Verkohlung angenähert hat, es ist hier verbrannt oder zumindest kurz davor. Entsprechend dominieren dann nicht mehr herzhafte Röst-, sondern zunehmend Bitternoten den Geschmack. Hinzu kommt, dass die Muster in der Regel bei sehr hohen Temperaturen erzeugt werden, was die Entstehung von gesundheitsgefährdenden Reaktionsprodukten begünstigen kann. Es bilden sich bei eiweißhaltigen Lebensmitteln HAA, heterozyklische aromatische Amine, die womöglich eine Vorstufe von Darmkrebs begünstigen können.  

Spezielle Rosteinsätze mit Rautenmuster ersparen das erneute versetze Auflegen des Grillguts.

Mit sogenannten Grillgrates aus Aluminium lässt sich auf den meisten Grills ein sehr gelungenes Branding erzeugen.

Grillmuster, aber wie?
Unter medizinischen wie kulinarischen Aspekten ist eine gleichmäßig braune Röstkruste das Optimum. Sie lässt sich am besten auf einer Guss- oder Feuerplatte erzielen. Wer aber dennoch nicht auf dunkle Streifen oder das Rautenmuster verzichten möchte, hat verschiedene Optionen, sie zu realisieren. Die bekannteste ist wahrscheinlich der Gusseisenrost, den es – je nach Hersteller – sogar schon mit Rauten gibt. Allerdings ist hier Vorsicht geboten: Gusseisen ist ein sehr guter Wärmespeicher, kann also recht lange viel Energie an das Fleisch übertragen. Je heißer der Rost ist, desto schneller entsteht ein intensives Branding. So empfiehlt Napoleon nicht ohne Grund, den Rost der Sizzle Zone auf die erhöhte Einstellung zu setzen, weil es ansonsten keine Minute dauert, bis man nahezu schwarze Streifen auf dem Steak hat. Gleiches gilt, wenn man mittels Holzkohle ein Höllenfeuer unter einem Gussrost entfacht. Eine moderatere Hitze ist hier durchaus angebracht.

Etwas entspannter kann man die Sache beim Edelstahlrost angehen. Auch der bringt eine ansehnliche Zeichnung aufs Fleisch, benötigt dafür aber ein wenig länger. Zudem sind viele Edelstahlroste mit dünneren Stäben konstruiert, sodass die Streifen weit weniger breit werden, als es bei manchem Gussrost der Fall ist.

 

Ein Gussrost ist in Sachen Branding ideal, weil er schöne breite Streifen auf das Fleisch zaubert.

Wird Gusseisen sehr heiß, entsteht sehr schnell ein schwarzes Grillmuster; das Grillgut verbrennt dabei.

Spezielle “Branding-Tools”
Es gibt sogenannte Sear Grates, die das berühmte Rautenmuster direkt aufs Fleisch brennen. In der Regel handelt es sich dabei um eine besondere Form von Gussrosten, die man eventuell als Extra für Modulroste bekommt. Aus Aluminium sind die Grillgrates, die man passend für viele Grills erhält. Sie leiten Hitze sehr gut, speichern sie aber nicht so stark wie Eisen. Insgesamt ist bei diesem System die Hitze besser zu dosieren, allerdings braucht man einen Grill mit guter Leistung.

Recht neu ist das Blazinglas von Outdoorchef, das speziell für Infrarotbrenner konzipiert ist und diese sozusagen „zähmt“. Das Ergebnis ist ein sehr feines, moderates Branding, weit von den besagten, allzu oft tiefschwarzen Streifen entfernt, die bei der Kombination von 800-Grad-Keramikbrenner mit Gusseisenrosten entstehen. Das Geheimnis hierbei ist eigentlich gar keins: Glaskeramik ist kein besonders guter Wärmeleiter, allerdings durchlässig für Infrarotstrahlen. Das Fleisch selbst bekommt genug Hitze ab, aber die Auflageflächen sind weit weniger heiß als bei einem Metallrost.  
 
Das perfekte Branding
Wie sieht denn aber eigentlich das perfekte Branding aus? Es gibt kein Regelwerk, das die Optik eines Grillmusters verbindlich festlegt. Die Allermeisten werden damit aber das erwähnte, typische Rautenmuster verbinden, bei dem sich die Linien in einem Winkel von 80 Grad kreuzen. Um es mit einem normalen Stabrost zu erzielen, sollte man das Fleisch zunächst auf den heißen Rost legen, bis es sich gut wieder von selbst ablöst und nicht abgerissen werden muss. Dann legt man es um eben jene 80 Grad verdreht nochmals mit derselben Seite auf. Mit der anderen Seite wiederholt man den ganzen Vorgang.

Mit einem Infrarotbrenner kann auch ein Edelstahlrost eine sehr gute Zeichnung erzeugen. Und das vor allem entspannter als bei Gusseisen.

Speziell für Infrarotbrenner hat Outdoorchef das Blazinglas auf den Markt gebracht. Es ermöglicht eine bessere Kontrolle der Hitze und verhindert Fettbrand.
Quelle: Outdoorchef

Fazit
Das klassische Branding sorgt vor allem für eine optische Komponente. In geschmacklicher Hinsicht muss man jedoch aufpassen, dass man es nicht übertreibt. Denn ansonsten hat das Grillmuster im wahrsten Sinne des Wortes einen bitteren Beigeschmack.